Montag, 23. Februar 2009

I think I will not hang myself to-day

   Ein hochinteressanter Nachtrag zu Küngs Artikel über die Demenz seines Freundes Walter Jens findet sich in der heutigen FAZ. Der Artikel referiert ein wütendes Buch des Sohnes von Walter Jens, Tilman Jens, in dem er sich mit seinem Vater und dessen Krankheit und dessen Haltung zum assistierten Selbstmord auseinandersetzt. Auch die Frau von Walter Jens, Inge Jens, hat in einem Nachwort zu Küng/Jens "Menschenwürdig sterben" Nachdenkliches geschrieben.
   Unbedingt zu lesen. 
   Zum Thema eine freihändige Übersetzung der Ballad of Suicide von Gilbert Keith Chesterton.
Der Galgen in meim Garten, hör ich die Leute sagen,
ist neu und nett und hat den richtgen Fall
ich zieh wie´n Kenner nach den Henkerskragen
wie einer ne Krawatte bindet für nen Ball
Doch als die Nachbarn -auf der Mauer -
tief Luft hol´n um "Hurra" zu schrein
packt mich ein jäher Skrupel .. ich erschauer
der heutge Tag wird doch mein Henkerstag nicht sein

Ja morgen, da wird Zahltag sein -
Der Säbel meines Onkels hängt im Saal -
ich seh ne Wolke pink und grau und klein -
Vielleicht ruft mich des Rektors Mutter nicht noch mal -
Ich würd mich freun zu hörn von Mr. Gall -
daß Pilze man auch anders kochen könnte fein -
Ich las noch nie das Werk von Juvenal -
der heutge Tag wird doch mein Henkerstag nicht sein

Auf dieser Welt wird jeder Tag ein Waschtag sein,
Die Dekadenten falln, und die Pedanten leiden Pein,
Herr H.G. Wells entdeckt, daß sich die Kinder freun,
und Bernard Shaw entdeckt, daß Kinder schrein,
Rationalisten werden bald noch rationaler sein,
Im Dicken Wald findst Du nen seltsam dunklen Rain,
so wundersam, daß selbst der Himmel scheint dir klein,
der heutge Tag wird doch mein Henkerstag nicht sein

Schluß

O Prinz, ich höre die Posaun´ des Germinal,
Der Schinderkarren rollt, ich hör den Pöbel schrein,
Noch heut da kommt - vielleicht - dein Prinzenhaupt zu Fall,
der heutge Tag wird doch mein Henkerstag nicht sein

2 Kommentare:

Thomas hat gesagt…

Ja, das Schicksal ist tragisch, ohne Zweifel. Aber die Würde wird Jens nicht durch die Krankheit genommen, sondern durch jene, die seinen Zustand der Öffentlichkeit zelebrieren.

Dass man in Würde sterben kann, hat beispielsweise Ronald Reagan beweisen. Man hat ihm, trotz seiner Krankheit, so in Erinnerung behalten, wie er zu seinen besten Zeiten sein wollte. Diese Erinnerung hat er vor allem seiner Familie zu danken, die den Kranken rigoros vor jeder zudringlichen Öffentlichkeit abschirmte. Das war ein Abschied mit Würde.

Hier hingegen, so mein Verdacht, soll das Sterben dieses wehrlosen Mannes benutzt werden, um eine höchst überflüssige Debatte zu entfachen. Die langen Artikel in der FAZ sind zumindest ein Indiz für diese Absicht. Zum kotzen, diese linksliberalen Intellektuellen.

Johannes hat gesagt…

Die Debatte ist keineswegs überflüssig sondern höchst notwendig. Und vielleicht ist es eine Fügung des Schicksals, daß ausgerechnet ein engagierter und einflußreicher Propagandist des assistierten Selbstmordes nun in einer Situation ist, von der er womöglich selbst nicht erwartet hat, daß sie ihn trifft. Sicher ist es so, daß wir die ars moriendi wieder lernen müssen, die einstmals selbstverständlicher Teil der Kultur des christlichen Abendlandes war.