Freitag, 11. Dezember 2009

Klugscheißer


Jetz issa da, der Kirchentagssong zum Ökumenischen Kirchentag 2010.
Jau, und er ist genau so, wie ich ihn erwartet habe, kenne ich doch die Szene der Kirchentagsschlagerfuzzis schon seit vielen Jahren. Allen voran den in der Blogozese hochbeliebten Clemens Bittlinger. Ob er wohl bei diesem Song mitgewirkt hat?
Einiges spricht dafür, wie der penetrant ökosozialistische Einstieg, die fetzige Schlagermelodey, das manchmal eher holprige Versmaß, der dezent antipapistische Ausklang. Aber sehn wir uns
den Text doch mal genauer an:
Die Hoffnung bleibt, daß die da oben bald begreifen, daß ihnen diese Erde nicht gehört
Bei einem Ex-Anarchisten rasten da ja sofort die Synapsen ein, klassische Agitprop-Rhetorik des 20 Jahrhundert. Für die anderen empfehle ich die kleine Googelei "die da oben Lafontaine" ergibt so locker 34.000 Treffer. Der nächste Satz variiert das Thema Nr. 1 (" daß die Wirtschaft mal kapiert ..."). Dieser Einstieg qualifiziert den Song zunächst als klassischen Parteitagssong für rote, ganz rote oder grüne Parteitage. Rauschender Beifall garantiert. Antikapitalistische Rhetorik kommt immer. Ich bin ja nicht der einzige, bei dem die Synapsen einraste, nur daß bei mir sich dabei immer gleichzeitig die Gehirnregion meldet, die für die Erzeugung eines dringenden Brechreizes zuständig ist.
Die Hoffnung bleibt, daß einmal alle Religionen in Frieden mit Respekt koexisitiert.
Die verquere Grammatik scheint mir den Song als echtes Bittlinger-Produkt zu identifizieren. Die im Kern relativistische Botschaft spricht eher für freimaurerischen Einfluß (Ob Hans Küng als Berater mitgewirkt hat)
Die Hoffnung bleibt, daß die die was zu sagen haben, die Wichtigkeit von Kindern realisieren.
Ja was hätte Luther wohl zu dieser holprigen Satzmelodie gesagt? Aber Holperverse mit wahlweises zu vielen oder zu wenigen Silben gehören ja heutzutage auch zur katholischen Liturgie. Jedenfalls zur deutschen.
Die Hoffnung bleibt, daß mancher Amts- und Würdenträger eines Tages seine Eitelkeit vergißt.
Ja wer kann da denn nur gemeint sein? Immerhin kommt hier die klassische linksprotestantische Rhetorik gegen die "Amtskirche", mit der nicht nur die katholische, sondern auch das gesamte nichtkongregationalistische Spektrum des Protestantismus gemeint ist, leidlich dezent daher. Was gegen einen Original-Bittlinger spricht. Doch damit es auch jeder recht versteht, kommt ja der Holzhammer gleich hinterher:
Die Hoffnung bleibt, daß evangelisch und katholisch irgendwann kein Unterschied mehr ist.
Lassen wir das mal mit Versmaß und Satzmelodie, denn daß man ein Wort um der Rhytmik willen auch mal um eine Silbe verkürzen oder verlängern kann, scheint spätestens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert völlig aus dem Instrumentarium der Poeten verschwunden zu sein. Die Botschaft ist klar, sie war es ja auch beim letzten ÖKT. Es lebe der graue, liberalprotestantische, liberalkatholische Einheitsbrei. Hoch die Ökumene des kleinsten gemeinsamen Nenners und nieder mit Papismus, Hierarchie, Männerpriestertum, Zölibat, und, und, und allem, was das eigentlich katholische, orthodoxe, lutheranische etc. ausmacht.
Macht sich keiner Gedanken drüber, daß in diesem Song kein einziges Mal von Gott die Rede ist? Wohl nicht. Kirchentage sind seit Jahrzehnten nicht viel mehr als Parteitage christlich angepinselter Politikastercliquen, garniert von vielen Jungchen und Mädlein, die vor allem Party machen wollen.
Das letzte Mal war auf dem Evangelischen Kirchentag doch allen Ernstes "Aquarius" zu hören, die Schlüsselhymne des esoterischen Ausgangs der Hippie-Bewegung. Dargeboten von Katja Riemann.
When the moon is in the Seventh House
And Jupiter aligns with Mars
Then peace will guide the planets
And love will steer the stars

This is the dawning of the Age of Aquarius
Age of Aquarius
Aquarius! Aquarius!
Das sind doch die Botschaften, die wir auf einem Christentreff erwarten, nicht? Ganz abgesehen von den abgestandenen Mantras der öko-sozialistischen Bewegungen des letzten Jahrhunderts.
Die Interpreten des Kirchentagssongs nennen sich übrigens "Wise Guys" - Klugscheißer. Auf ihrer Homepage ist zu lesen, daß sie sich diesen Bandnamen gewählt haben, weil sie schon ihr Klassenlehrer - die Kerntruppe hat dieselbe Klasse besucht - als Klugscheißer tituliert hat.
Diesen offenkundig menschenkundigen und klugen Lehrer hätt` ich gern mal kennengelernt.

9 Kommentare:

Gregor hat gesagt…

Realsatire vom allerfeinsten. Ich hätte nicht gedacht, daß es möglich ist, so viele Clichés und Peinlichkeiten in ein einziges Lied zu stopfen. Und wie immer stellt sich mir fast als brennendste Frage: Kann es wirklich sein, daß die das selbst nicht merken? In was für einem Paralleluniversum leben diese Menschen?
Du hast ja alles schon hervorragend präpariert, aber mein Favorit ist doch "die Wichtigkeit von Kindern realisieren" - einfach weil es sprachlich so unbeschreiblich schrecklich ist.

Yon hat gesagt…

Wow. Unterhalb des Rippenbogens ist mir vor Langeweile alles eingeschlafen, und von den Schultern an aufwärts ist alles in Wahrnehmungsverweigerung erstarrt.
Meine Synapsen sagen:
Überspringen y/n? -> y
Speichern y/n? -> n
Ich hab das jetzt einfach nicht gesehen. So.

Stanislaus hat gesagt…

In diesem musikalischen Genre wird der ganze Sermon dermaßen mit Rhythmus und Geuffze zugeballert (das ist ja die eigentliche "Kunst" bei dieser à cappella-Gruppe), daß der Text gar keine wirkliche Rolle mehr spielt - ist ja meist so. Manch einer würde da sogar "Die Fahne hoch" mitsingen.

Florian hat gesagt…

Die Formulierung sorgt für Brechreiz zur Genüge. Aber noch schlimmer find ich ehrlich gesagt die Botschaft des Liedes.

Nach dem Motto:
Wofür Gott, wenn doch die "Wichtigkeit von Kindern schon realisiert" ist?
Wofür Gott, wenn die da oben begriffen haben, dass sie die Erde nur von ihren Kindern geliehen haben?
Wofür noch Gott, wenn hier unten relativistischer, gleichgemachter Frieden, Freude, Eierkuchen herrscht?

Der Herr Alipius hat gesagt…

"Feiert, lacht und singt, damit Ihr Hoffnung habt..."

Mann! Jetzt weiß ich endlich, warum ich in den Augen der rabiatliberalen Katholitschiks ein hoffnungs-loser Fall bin: Weil ich Depp doch tatsächlich bete, um Hoffnung zu haben.

Altenbochumer hat gesagt…

Dank Dir für die ausführliche Bewertung. Ökumene wäre für mich, im Angesicht Gottes (!) die verschiedenen Sicht- und Herangehensweisen zu diskutieren. Doch der Allmächtige wird vermutlich nicht nur in diesem "Lied" unter den Tisch gekehrt. Als wenn Gott so klein wäre, sich mit der Befindlichkeit irgendwelcher küngunzufriedenen Bittlinger-Christen befassen zu müssen.

Lob und Ehre ihm allein!

Bee hat gesagt…

Ich bin ja kein großer Fan von Kirchentagen. Ich hab ansich nichts gegen große Treffen,ich mag WJD... auch wenn ich nun wirklich nicht mehr jugendlich bin und auch bestimmt nicht mehr als Teenager-Spätlese durch gehen würde.
Nun, aus Gründen, die in den für mich dunklen Ecken neuer deutscher Geschichte liegen, gibt es diesen Ökumensichen Kirchen Tag und er wird von Menschen besucht, die sich selber als offen für den Dialog bezeichnen. Leider kann ich mir unter den auf dem Zeitplan aufgeführten Begriffen wie Godi oder Feierabendmahl nur recht wenig vorstellen, allerdings soll es ja geistliche und kulturelle Veranstaltungen geben und irgendwie ist das ganze auch mächtig wichtig, für Veranstalter und Teilnehmer. Sonst würde sich ja niemand zu solchen Veranstaltungen fahren, oder? Warum dann nicht mit ihnen reden?
Warum nicht eine Kirche in der Münchner Innenstadt suchen in der einiges von dem vorgestellt wird, was uns wichtig ist?
Dort könnte man Eucharistische Anbetung organisieren und gleichzeitig erklären. Man könnte auch erklären, warum uns die Messe so wichtig ist und warum wir die ein oder andere Modernisierung nicht so passend finden. Vllt. hätten ja auch die Freunde der TLM Zeit zu erklären, warum und wieso sie diese Form bevorzugen. Man könnte erklären, warum uns eben nicht alles egal und dass wir schon garnicht gleichgültig sind.
Sicher wäre das, wenn man sich das Motto-Lied anhört, nicht das was die Macher des Treffens im Kopf haben. Allerdings müssten diese doch am meisten Verständnis für ein bisschen Rebellion haben, oder?

Anonym hat gesagt…

Ja was hätte Luther wohl zu dieser holprigen Satzmelodie gesagt?

Ich denke mal, dass sich selbst Luther über diesen Song in einer Art und Weise geäußert hätte, die heute nich mehr als literaturfähig gelten würde...

. hat gesagt…

vielleicht ists ja nur falsch geschrieben, hörn tu i exitier-n-