Samstag, 5. Dezember 2009

Minarette und Kirchtürme braucht kein Schwein

   "Wer heute Minarette verbietet, verbietet morgen Kirchtürme." So oder ähnlich lauten die milde hysterischen Verlautbarungen so mancher christlicher Prälaten. Minarett-Verbot hin Kirchturm-Verbot her. Braucht die irgendwer? Die absoluten Essentials des Kirchenbaus sollten wir eigentlich kennen. Ein Tabernakel. Ein Altar. Alles andere ist nur Zutat.
   Nur wenige Christen haben dies so konsequent umgesetzt wie die oben abgebildeten Herren. Eine zisterziensische Kirche ist nur dies. Ein Tabernakel, ein Altar, eine Halle. Keine Kirchtürme. Die hielten die Zisterzienser, noch immer einer der lebenskräftigsten Orden der katholischen Kirche für Nippes, Tand, Kitsch, Klimbim. Glocken gab es wohl, die mußten aber mit einem Dachreiter vorlieb nehmen. Und überhaupt riefen die Glocken nicht zum Gottesdienst, sondern zuerst einmal zum Stundengebet.
   Womit wir bei den Minaretten wären. Auch die haben im Prinzip nichts Sakrales an sich. Sie dienten ursprünglich als Wach- und Leuchttürme, hatten also eher militärisch-praktische Funktion, später hielt man es wohl für sinnig, von diesen Türmen aus zum Gebet zu rufen - zur muslimischen Version des Stundengebets also. 
   So gesehen habe beiden Türme - Kirchturm wie Minarett - dann doch etwas miteinander zu tun. Was aber nun nichts daran ändert, das weder der Kirchturm noch das Minarett sakrale Funktion oder auch nur Bedeutung hätte. Wozu also die Aufregung? Sollten wir uns nicht besser auf den zisterziensischen Standpunkt stellen, daß diesen Nippes kein Mensch wirklich braucht? Much ado about nothing? Irgendwie schon. 

7 Kommentare:

Stanislaus hat gesagt…

Im Grunde hast Du recht. Ich möchte aber auf Glocken auf keinen Fall verzichten. Diese sind mir noch wichtiger als eine große Orgel.

Anonym hat gesagt…

Der Vergleich Kirche Moschee hinkt aus vielen Gründen. Zwar wird in einer Moschee auch gebetet, aber eine Moschee ist immer auch ein politischer Ort, in dem der Herrschaftsanspruch des Islams artikuliert wird. Ein Minarett ist ein Zeichen dieses Herrschaftsanpruches. Von ihm verkündet der Muezzin, daß der Mohammedanergott größer ist (nicht groß!). Deshalb würde ich mich hüten, Kirchtürme und Minarette in denselben Topf zu werfen. Trotz gewisser Ähnlichkeiten in der äußeren Form.

Mcp hat gesagt…

Eigentlich hat die Kirche immer auch Traditionen aufgenommen und der Kirchturm hier hierzulande nun mal eine solche Tradition. Ich musste mich erst kürzlich zum Sonntag darüber belehren lassen, dass dieser Tag natürlich christlicher Tag ist, obwohl er heidnischen Ursprung ist. Dasselbe gilt dann natürlich auch für Kirchtürme und ich glaube nicht das sie ursprünglich Wehrtürme waren. Es gibt keinen Dom ohne Glockentürme und die hatten offensichtlich keinen wehrhaften Charakter.

In meinem Landstrich gibt es sogenannte Wehrkirchen, aber die standen in kleinen Ortschaften ohne Stadtmauern. Das Kennzeichen solcher Kirchen sind die stark befestigten Mauern und nicht der Kirchturm. Der macht aufgrund seiner Lage innerhalb der Anlage militärisch wenig Sinn. Wehrtürme finden sich in Mauern integriert, weil sich allerlei schwere Gegenstände auf die Angreifer herabwerfen lassen. Hat der Gegner die Mauer überwunden, fällt auch der Turm relativ leicht in die Hand des Angreifers oder kann diesen nicht mehr behindern. Wie gesagt‚ der Kirchturm ist in der Mitte der Anlage platziert und hat militärisch höchstens Sinn, wenn es um den Überblick geht, aber selbst dazu wären er denkbar schlecht konstruiert. Außerdem fehlen die bei Wehrtürmen üblichen Plattformen und Wehrgänge für die Verteidiger und ihre Waffen.

Unknown hat gesagt…

Schön, daß der turmlose zisterziensische Standpunkt zu Wort kommt. Den zisterziensischen Standpunkt in die Politik!

Stanislaus hat gesagt…

Ich habe zum "zisterziensischen Standpunkt" mal was veröffentlicht.

Altenbochumer hat gesagt…

Ein Verzicht auf Kirchtürme, aus welchen Beweggründen auch immer, würde mich zu sehr an die DDR erinnern, wo Frau Honnecker dafür Sorge trug, dass Kirchen in Neubaugebieten entweder erst gar nicht entstanden, oder zumindest nicht als solche zu erkennen waren. Zweitens würden damit die Zeiten der "bewußten Anpassung an den Geist des Konzils auch im Baulichen" (blablabla...) wieder auferstehen.

Nein, Kirchtürme sind - unabhängig von Höhe, Gestaltung und Glockenzahl - nötiger denn je. Das Christentum MUSS auch äußerlich präsenz zeigen, wenn es nicht im gesellschaftlichen Alltag ganz verschwinden will.

Der Ruf des Muezzins hat - in der gegenwärtigen Lage - nunmahl politische Bedeutung, da kommen wir nicht drumherum. Wie fragwürdig war die gestern im TV gesehene Aussage eines Imams, von dessen Minaretten der Ruf mehrmals täglich erschallen darf, es handle sich bei Allah doch um den Gott der Juden, der Christen und der Muslime?! Ob sie dort aus Respekt vor dem Christentum zum Osterfest auch die Auferstehungsbotschaft des Gottessohnes herabrufen würden?

Johannes hat gesagt…

Ich glaube das Stanislaus die Sache auf den Punkt bringt. Der Ruf der Glocke gehört seit altersher zu jeder christlichen Kirche. Auch der Ruf des Muezzin gehört seit alters her zu jeder muslimischen Moschee. Nicht aber der Kirchturm und nicht das Minarett. Außer den zisterziensischen Kirchen gibt es im übrigen aufgrund von restriktiven Bauvorschriften etwa in protestantischen Bundesländer häufig (katholische) Kirche ohne Glockenturm. In Berlin finden sich etwa häufig turmlose katholische Kirchen, die als solche nur am Türschild zu erkenne sind. Dennoch ist es von der Behinderung des Glaubens zu seinem Verbot noch ein sehr weiter Schritt. Muach ado about nothing. Das Geschrei offenbart m.E. vor allem wie wenig die Schreier über ihre eigene Religion wissen.