Sonntag, 15. Mai 2011

Der Märtyrer des Ehesakraments


25 Jahre hat es gedauert von der Einleitung des Seligsprechungsverfahrens bis zur Seligsprechung der Märtyrerpfarrers Georg Häfner. Nichts also von Santo subito, sondern eher das gut Ding, das Weile braucht. Dabei war Georg Häfner keineswegs umstritten, er war eben nur ein unbedeutender Land-Priester, der schon zu seinen Lebzeiten nicht weiter auffiel, der nicht bekannt wurde als großer Prediger, als großer Mystiker oder als großer katholischer Denker. Ein kleiner Landpfarrer, nicht mehr.

Vielleicht war sein Seligsprechungsprozeß auch deshalb so mühsam, und als es endlich soweit war, fanden sich denn auch und gerade deshalb, weil hier eine "Kleiner" seliggesprochen wurde, die "Kritiker", die offenbar jeden Seligsprechungsprozeß heute "kritisch" begleiten.

Auch die sind diesmal ein bißchen kleiner, es sind nicht gleich Hans Küng oder Heiner Geißler, die das Seligsprechungsnörgeli machen, sondern bloß WiSiKi-Sprecher Magnus Lux.
Magnus Lux, Sprecher der Kirchenreformbewegung „Wir sind Kirche“, hält Selig- und Heiligsprechungen für mittelalterlich, inflationär vollzogen und spricht angesichts von etwa 300.000 Euro Kosten für das Bistum Würzburg von Geldverschwendung. „Das sind unzeitgemäße Formen, die gerade die Leute heute nicht mehr ansprechen.“ Die Menschen suchten sich ihre Vorbilder selber.
Georg Häfner wurde am 31. Oktober 1941 durch die GeStaPo verhaftet und verbrachte zunächst 6 Wochen in einer Haftanstalt. Das Urteil aber war bereits am 3. Oktober gesprochen worden. Der Reichsführer SS hatte bereits an diesem Tag die Überführung des Pfarrers in "Schutzhaft" und seine Verbringung in ein KZ angeordnet.

Der Pfarrer hatte den Hitlergruß verweigert. Mehrfach war der Pfarrer von treuen Volksgenossen wegen kritischer Äußerungen denunziert worden. Vor allem die linientreuen Lehrer der Schule, an der er unterrichtete, sollen ihm das Leben schwer gemacht haben. Die meisten Anzeigen stammten aus den Reihen der "lieben Kollegen". Häfner untersagte man schließlich den weiteren Unterricht an einer Schule. Seine Predigten wurden überwacht.

Die mörderische Wut des Apparates aber hatte eine Handlung provoziert, die der Priester in korrekter Anwendung des Kirchenrechts und in Ausübung seiner priesterlichen Pflicht vollzogen hatte: die kirchliche Beerdigung eines NSDAP-Parteigenossen. Der Parteigenosse und Forstwart Michael Wünsch hatte den Pfarrer um die Sterbesakramente gebeten. Wünsch aber lebte in "wilder Ehe", er war nach Scheidung mit seiner zweiten Frau standesamtlich verheiratet. Um also die Sterbesakramente erteilen zu können, war zunächst dieser kirchenrechtliche Makel zu beseitigen. Wünsch unterschrieb daher eine Erklärung mit folgendem Wortlaut: "Ich, Wünsch, erkläre hiermit, dass ich die mit Dora Benkert geschlossene Zivilehe vor Gott und meinem Gewissen als nichtig erkläre und mich den Gesetzen Gottes und der Kirche unterwerfe. Das von mir durch diese Ehe öffentlich gegebene Ärgernis soll durch öffentliche Bekanntgabe dieser Erklärung wieder gut gemacht werden. Dies erkläre ich hiermit feierlich."

Die Erklärung wurde öffentlich verlesen, wie es Vorschrift und Brauch war. Das aber brachte nun den Ortsgruppenleiter auf den Plan, der es offenbar nicht verwinden konnte, daß ein Parteimitglied sich auf dem Sterbebett mit der Kirche versöhnte, statt sich mit einem stattlichen Parteibegräbnis zufrieden zu geben. Die Wut des obersten Orts-PGs wird auch noch gesteigert haben, daß sich Häfner erdreistete, eine vor staatlichen Behörden korrekt geschlossene Ehe infrage zu stellen, sich also in Dinge einmischte, die ihn "nichts angingen". Häfner zog, kurz gesagt, gegen die Ersatzreligion von Partei und Staat zu Felde. Der Pfarrer wurde nochmals angezeigt, bald darauf erfolgte seine Verhaftung.

Die diversen Kommentare in Printmedien und Netz zeigen, daß "aus Sicht der Nachgeborenen" der Vorgang "abseitig wirkt". Wieso sich Ärger einhandeln, bloß weil da einer wiederverheiratet in "wilder Ehe" zusammenlebt? Kann man sich ernsthaft vorstellen, daß ein "heutiger" Pfarrer die Sterbesakramente verweigert, weil der Sterbende geschieden und wiederverheiratet ist? Und kann man sich vorstellen, daß "ein Heutiger" deshalb gar noch das Martyrium auf sich nimmt, um der Heiligkeit des Sakraments der Ehe willen? Stattdessen kann man sich sehr gut den Aufschrei vorstellen, würde ein heute lebender Priester so "herzlos" handeln wie 1941 Georg Häfner. Vermutlich würde WiSiKi am lautesten schreien.
... er hatte sich für seine entscheidende Auseinandersetzung mit dem NS-System ein Thema gesucht, das aus Sicht der Nachgeborenen abseitig wirkt. Ins Lager brachte ihn kein Konflikt um Hitlers Angriffskriege, um Rassenwahn oder Judenverfolgung, sondern einer um Scheidung, Wiederheirat und eine kirchliche Beerdigung.
lesen wir in der FAZ, in einem im übrigen lesenswerten Artikel. Es ging also "bloß" um die Sakramente der Kirche.

Georg Häfner wurde im KZ halb tot geprügelt, nach nur acht Monaten Haft starb Landpfarrer Häfner. Er ist mit einiger Sicherheit verhungert. Im Pfarrerblock des KZ Dachau war das eine der häufigsten Todesursache. Sie grassierte vor allem im Todesjahr Georg Häfners.

Im Pfarrerblock des KZ Dachau waren 2.720 Priester aus ganz Europa inhaftiert. Die katholischen Priester stellten mit 2579 Häftlingen fast 95% der Inhaftierten. 1034 Pfarrer starben im KZ, an Folter, Unterernährung, Seuchen.

Die Diözese Würzburg hat eine sehr sehens- und lesenswerte Seite zur Seligsprechung Georg Häfners gestaltet. Überhaupt ist die Diözese auf allen Kanälen präsent.

Ein kleiner Hint zum Schluß. Wie alle revolutionären Bewegungen, waren auch die Nazis letztlich "Anti-Marriage". Häfners  Handlung war keineswegs "abseitig". Sie traf offenbar den Nerv eines totalitären Systems.

5 Kommentare:

Rubens Rübenlese hat gesagt…

In Österreich haben wir auch einen seligen Märtyrer des Ehesakraments: Otto Neururer, der mit den Nazis mega trouble bekam wegen seiner Prinzipien-und Standhaftigkeit
und beim seligen Franz Jägerstätter sorgte die Gedenkschrift: Ehemann und Märtyrer für nicht wenig geschmunzel- Doch nicht das zweite wegen dem ersten, oder?

Der Predigtgärtner hat gesagt…

Danke für diese gute Zusammenfassung!

Johannes hat gesagt…

Auch von mir einen fetten Dank. Wusste das meiste gar nicht.
Dankbar bin ich auch für die Äußerungen der WisiKis. Die sind eine gute Entscheidungshilfe: Man sehe, was sie tun würden und mache dann das genaue Gegenteil. Passt immer.

Eugenie Roth hat gesagt…

25 Jahre Seligsprechungprozess für Häfner. Ich wundere mich, dass man für Pius XII noch länger braucht ... der hat so vielen Juden unter Risk des eigenen Lebens das Leben gerettet ...

Und subito santo für JP II. - Aber bitte nicht denken, ich hätte etwas hiergegen. Ich habe nur etwas gegen die Länge des Prozesses von Pius XII.

Imrahil hat gesagt…

Auf fällt der präzise Unsinn des WsK-Kommentars. Gerade die Menschen heute bringen's fertig, sich ihre Vorbilder selber zu suchen und sich einen ganzen Vormittag vor den Fernseh zu setzen, wenn zwei halbwegs Menschen im fernen England (kleine Seitenbemerkung:) heiraten.

Und wenn ich mir mein Vorbild selber suche, dann hab ich doch die schöne Zeremonie nicht, gell.

Seliger Georg Häfner, bitte für uns.