Sonntag, 11. September 2011

Der Mann im Feuer. Was mich mit 9/11 verbindet.


Es ist einige Jahre her, daß mich in einer Marienkapelle, die ich regelmäßig besuche, eine Vision heimsuchte. Auf einer weißen Wandfläche, links nebem dem Hochaltar mit dem Gnadenbild der schmerzhaften Mutter Gottes entstand vor meinen Augen das Bild eines Mannes im Feuer. Ich sah ein mir bekanntes Gesicht, wußte aber nicht auf Anhieb, wen ich da sah. Ich benötigte einige Zeit, um dieses Bild mit einer Person verbinden zu können. Schließlich wurde mir klar, wen ich da vor Augen hatte. Ich erkannte das Gesicht von Wilfried (Bonifatius) Böse.

Ich habe, nachdem ich begann, an meiner geistigen Gesundheit zu zweifeln, die Hilfe eines Priesters gesucht. Ich bin heute noch sehr froh, daß ich auf einen Priester traf, dem der Glauben an die Existenz der unsichtbaren Welt nicht gänzlich abhanden gekommen war. Er sagte mir, daß an diesem Ort seit mehr als einem Jahrtausend Menschen beten. Hier sei die Grenze zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt gleichsam dünner, die Chance - oder das Risiko - diese Grenze zu durchdringen größer. Er glaube, daß die armen Seelen, die der Hilfe des Gebets der Lebenden bedürfen, an dieser Grenze warten, in der Hoffnung auf Hilfe. Es könne sein, daß ich eine Seele gesehen habe, die im Fegefeuer brennt.

Bonifaz war nicht direkt ein enger Freund. Um das Jahr 1970 hatten wir uns in einer obskuren anarchistischen Organisation getroffen, der "Föderation Neue Linke". Es handelte sich um eine abseitige Gruppe dogmatischer Anarchisten die gleichwohl einigen Zulauf hatte. Nachdem die Zugehörigkeit zu dieser Organisation nicht unbedingt ein Ruhmesblatt ist, verzichte ich aus Rücksichtnahme auf heute noch lebende Personen darauf, die Liste der prominenten Personen aufzuzählen, die ihr angehörten. Davon abgesehen prägten nicht die Prominenten oder später prominent Gewordenen die FNL, sondern eine kleine Gruppe entschlossener Krieger, ein informeller Kader, der alle Fäden in der Hand hielt und in der Lage war, mißliebige Personen auszugrenzen.

Zwei der Personen, die zu diesem Kader gehörten, Hannes Weinrich und Bonifatius Böse, die Gründer der "Revolutionären Zellen" , haben sich als exquisit gnadenlose Terroristen hervorgetan, und mit ihrer Aktion wurden sie Teil einer Bewegung, deren grauenvoller Höhepunkt der Anschlag auf die Twintowers  ist.

Die Befassung mit den "bleiernen Jahren", kann uns lehren, daß das Böse sich nicht ausschließlich islamistischer Terroristen als Werkzeug bedient. Der "godfather of terrorism", der Begründer der blutigen Tradition des Terrors im mittleren Osten, der Kampfgenosse der blutigsten und gewalttätigsten Terrororganisationen des Westens, der deutschen "Revolutionären Zellen" und der japanischen "Roten Armee", der Geld- und Auftraggeber des gefürchtetsten Terroristen der 70er Jahre, Ilich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, war Christ. George Habasch, Chef der palästinensischen PFLP stammte aus einer christlich-orthodoxen Familie, ebenso wie die zweite Hauptperson der PFLP Wadi Haddad. Es waren diese beiden und ihre Organisation,  die als erste eine Aktionsform entwickelten, deren sich auch die Attentäter des 11. September bedienten.

Die erste Flugzeugentführung, die die PFLP 1969 organisierte, wurde von der heute noch wie eine Heldin verehrten Leila Khaled durchgeführt. Von dort beginnt eine Spur, die zu immer gewalttätigeren und brutaleren Aktionen führte. In dieser ersten Phase dominierten keine islamistischen Gruppen, sondern die von Christen geführte PFLP, Hand in Hand mit westlichen Gruppen, die man wohl noch am präzisesten als Nihilisten bezeichnen könnte.

1970 scheiterte eine Flugzeugentführung, bei der der Partner Leila Khaleds, Patrick Arguello von israelischen Skymarschalls getötet wurde. Die Entführungsaktion war Teil einer militärischen Kampagne mit der, angeführt durch DFLP und PFLP, Palästinenser das "prowestliche" jordanische Königshaus stürzen und die Macht in Jordanien an sich reißen wollte. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, die PLO mußte Jordanien verlassen.

In einer Racheaktion überfielen daraufhin 1972 drei Mitglieder der japanischen Roten Armee, die von der PFLP angeleitet und ausgebildet worden waren, den Flughafen Lod in Israel und ermordeten insgesamt 26 Personen, unter anderem eine elfköpfige christliche Pilgergruppe aus Puerto Rico.

1975 überfiel im Auftrag der PFLP und im Auftrag Ghadafis eine bewaffnete Gruppe unter dem Kommando von "Carlos"die in Wien tagende OPEC-Konferenz. Teilnehmer waren Mitglieder der "Revolutionären Zellen", die erste Aktion, bei der Mitglieder der früheren "FNL" hervortraten.

1976 entführten zwei Mitglieder der Revolutionären Zellen, Bonifatius Böse und Brigitte Kuhlmann (Codename Halimeh) ein Flugzeug der Air France nach Entebbe. Die Operation diente der Gefangennahme jüdischer Geiseln  und war eine "Auftragsarbeit" der PFLP. Die Operation scheiterte, der israelischen Armee gelang es, die Geiseln zu befreien und die Entführer zu liquidieren. Was mit Bonifatius geschehen war, hat mich seitdem beschäftigt. Es gab Gerüchte. Bonifatius habe sich ergeben, und sei trotzdem erschossen worden. Hatte er aufgegeben? Ist er "umgekehrt"? Ist er rettungslos verloren? Was habe ich da gesehen in dieser Kapelle? Einen Verdammten in der Hölle? Oder einen meines Gebets Bedürftigen im Fegefeuer?

1977 entführte ein "Kommando Martyr Halimeh"- Motiv unter anderem: Rache für Entebbe -  das Lufthansa-Flugzeug Landshut. Mit dem Scheitern dieser Entführung und dem Selbstmord der inhaftierten RAF-Gründer kulminierte der "Deutsche Herbst" zu seinem Höhepunkt.

Ein Jahrzehnt lang beherrschte eine Gruppierung, die von christlichen Palästinensern gegründet worden war, die Terrorszene. Waren sie die Lehrer von Al Qaida? Ich glaube schon. Thesen, wonach zwar nicht alle Muslime Terroristen, aber alle Terroristen Muslime seien, halte ich für geschichtsblind. Al Qaida hat den Terror noch einmal um mehrere diabolische Varianten erweitert, aber zu den Vorgängern von Al Qaida gehört die von Christen dominierte "marxistische" PFLP, gehören die Zellen des fortschrittlich-aufgeklärten "antifaschistischen" "westlichen" Linksterrorismus. Das Böse ist nicht wählerisch. Jeder ist willkommen.

An Tagen wie diesem suche ich eine bestimmte Marienkapelle auf. Ich habe zu beten.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"..aber zu den Vorgängern von Al Qaida gehört die von Christen dominierte "marxistische" PFLP"

fehlt nur noch, dass Sie behaupten, dass die Mitglieder der PFLP regelmäßig zusammen kamen um den Rosenkranz zu beten.

Dass jemand getauf ist, heißt noch lange nicht, dass er dann ein Leben lang Christ ist. Außerdem läßt sich der Terrorismus nicht mit dem NT begründen - mit dem Koran sehr wohl!

Johannes hat gesagt…

"Denkt nicht, dass ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert" Matthäus, 10, 34.
Jesus sagte: "Vielleicht denken die Menschen, daß ich gekommen bin, um Frieden auf die Welt zu werfen, und sie wissen nicht, daß ich gekommen bin, um Spaltungen auf die Erde zu werfen, Feuer, Schwert, Krieg. Es werden nämlich fünf in einem Hause sein. Drei werden gegen zwei und zwei gegen drei sein, der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater. Und sie werden als Einzelne dastehen." Thomas-Evangelium Logion 16
Alles überhaupt kein Problem, Anonymus. Wenn von Interesse ist, war die Juden von diesen Versen halten empfehle ich Neusner, Ein Rabbi spricht mit Jesus

Dorothea hat gesagt…

Ich finde es mutig daß Du über Deine Vision geschrieben hast. Vom Fegefeuer und daß man für die armen Seelen beten kann wollen ja viele heute auch nichts mehr wissen. Mich tröstet es aber daß wir für unsere Lieben auch nach ihrem Tod noch etwas tun können und für sie bitten

Außerdem finde ich es wichtig klar zu stellen wer hier der eigentliche Feind ist und daß es ihm egal ist hinter wen er sich steckt, sonst kommt man sehr schnell dazu zu vergessen daß jeder Mensch ein Kind Gottes ist und dann verlieren wir uns in Hetze - der Anfang vom Ende der Liebe.

Geistbraus hat gesagt…

wow, diese Zusammenhänge hab ich bisher noch nicht so deutlich gesehen!

Die Menschheit vergisst halt schnell. Schon Carlos kenne ich nur noch als dunklen Mythos aus meiner Kindheit. Etwas gespenstisch, wenn man denkt, dass es mit Osama bin Laden in 20 Jahren vielleicht auch so sein wird - und das, wo er jetzt so in aller Munde ist.